Pilze
Pilze wurden mehrfach unabhängig voneinander im Laufe der Evolution „erfunden“. So bilden die Eipilze (Oomycota) (z. B. der Falsche Mehltaupilz des Weins, Plasmopara viticola, die Plasmodialen Schleimpilze (Myxomycota) (z. B. die Gelbe Lohblüte, Fuligo septica) und die Echten Pilze (Mycota) (z. B. der Grüne Knollenblätterpilz, Amanita phalloides) unterschiedliche Entwicklungslinien innerhalb der Eukaryoten, haben keine gemeinsamen Vorfahren und sind somit nicht miteinander verwandt. Es gibt jedoch ein wichtiges Merkmal, das überwiegend Pilze auszeichnet: Sie verdauen ihre Nahrung außerhalb des Pilzkörpers, vollziehen also eine äußere Verdauung. Hierbei geben Pilze Enzyme aus den Pilzfäden (Hyphen) in organisches Substrat (z. B. Holz) ab und zersetzen es und nehmen dann die zerkleinerten Teile durch Endocytose auf und gewinnen so die Energie für Wachstum und Fortpflanzung. Hierin unterscheiden sich die Pilze von den meisten Tieren, die die Nahrung aufnehmen und dann verdauen (innere Verdauung oder Ingestion) und den autotrophen Pflanzen. Charakteristisch sind die Hyphen, deren Gesamtheit als Myzel bezeichnet wird, ferner Fruchtkörper, die der Fortpflanzung dienen, Sporen und Zellwände. Sie zeichnen sich ferner durch ein potentiell unbegrenztes Wachstum aus. Wissenschaftler*, die Pilze erforschen nennt man Pilzkundler* oder Mykologen*, das Fachgebiet ist die Pilzkunde oder Mykologie.
Die Echten Pilze (Mycota) bilden die mit großem Abstand artenreichste Gruppe von Pilzen. Sie sind ein eigenes Organismenreich und bilden im Stammbaum der Organismen eine Schwestergruppe mit den Tieren (Animalia). Mit Pflanzen sind sie hingegen nicht verwandt und auch deshalb sollte man Mykologen nicht als Botaniker bezeichnen. In Deutschland gehören mehr als 13.000 der rund 14.000 bekannten Pilzarten zu den Echten Pilzen. Man vermutet, dass die meisten Pilzarten noch gar nicht wissenschaftlich beschrieben wurden. Die Zahl der Arten lässt sich somit nur schätzen. Wissenschaftlich erfasst sind heute rund 150.000 Pilzarten, geschätzt wird ihre Zahl auf 2,2 bis 13,2 Millionen. Neue Pilzarten kann man durchaus auch noch im vergleichsweise gut erforschten Mitteleuropa nachweisen. So wurden allein auf dem Stadtgebiet von Karlsruhe vier neue Arten in jüngerer Zeit beschrieben.
Bei Pilzen unterscheidet man, etwas vereinfacht, drei Grundtypen der Ernährung. Die Symbionten, die mit anderen Lebewesen, vor allem Pflanzen, eine Lebensgemeinschaft zum beiderseitigen Vorteil bilden, indem sie Stoffe austauschen, die ihnen ohne den Partner nicht zugänglich wären. Hierzu gehören die Mykorrhizapilze, z. B. der Grüne Knollenblätterpilz und die Flechtenpilze, z. B. Becherflechten (Cladonia). Eine zweite Gruppe sind die Saprobionten, die sich von totem organischen Material ernähren, z. B. Holz- und Streuzersetzer wie der Zunderschwamm (Fomes fomentarius). Zu den Saprobionten gehören auch die vielen Schimmelpilze, so der Pinselschimmel (Penicillium). Schließlich gibt es Arten, die einen Wirt befallen (das kann eine Pflanze, ein Tier oder sogar ein Pilz sein), ihm Nährstoffe entziehen und damit schwächen. Diese Pilze bezeichnet man als Parasiten. Hierzu gehören vor allem Kleinpilze wie Rostpilze (Pucciniales). Da die Pilze als Symbionten für die meisten Landpflanzen unentbehrlich sind und die Saprobionten dafür sorgen, dass organisches Material abgebaut, mineralisiert und damit Pflanzen und Tieren zur Verfügung gestellt wird sind sie von immenser Bedeutung und ein Leben an Land wäre ohne Pilze schwerlich möglich.
Am SMNK gibt es einen Bereich Mykologie im Referat Botanik, der von Dr. Markus Scholler geleitet wird. Die mykologischen Arbeiten umfassen Forschung, die eng mit den Pilzsammlungen verknüpft ist, Öffentlichkeitsarbeit (Pilzberatung, Ausstellungen, öffentliche Führungen, häufig in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Pilze im Naturwissenschaftlichen Verein Karlsruhe e. V. (PiNK) und kuratorische Arbeiten, d.h. die wissenschaftliche Betreuung und Erweiterung der Pilzsammlungen (Herbarien) und deren Digitalisierung.